„Einander wertschätzend begegnen“ – Sabbatzeit klingt nach „Trade your expectations for appreciation and your whole world changes in an instant”– zu deutsch: „Wenn Sie Ihre Erwartungen gegen Wertschätzung eintauschen, wird sich Ihre ganze Welt augenblicklich ändern” (T. Robbins). Im ersten Quartal dieses Jahres hatte ich die Möglichkeit, eine „musikalische Sabbatzeit“ zu ma-chen. In diesen drei Monaten war ich insbesondere im Afrikanischen Zentrum Borgfelde zu Gast. Das war eine gesegnete Zeit. „Einander wertschätzend begegnen!“ Immer aufs Neue habe ich das von Pastor Peter Sorie Mansaray gehört. Er lebt das in und mit der Gemeinde, das beeindruckt mich. Und das nehme ich mit in meine Heimatgemeinde St. Johannis-Eppendorf – mit ihrer wunderbaren liturgischen Tradition rund um die Lutherische Messe. Die Umstellung war schon markant: Nur eine knappe halbe Stunde U-Bahn-Fahrt – und schon war ich in einer anderen Welt. Ein Stück Afrika, mitten in Hamburg! Andere bereisen die Welt in den drei Monaten Sabbatzeit. Ich blieb (klimafreundlich!) vor Ort – und kam doch in fremde Gefilde. Denn es ging auf eine geistliche Reise. Der afrikanische Gottesdienst, die Art des Umgangs, kulturelle Vorgaben unterscheiden sich sehr. Und dann ist doch wieder vieles ganz ähnlich. Wenn dann noch „Ein feste Burg ist unser Gott“ auf Englisch und mit groovender Band gesungen wird, „A mighty fortress is our God“, dann bin ich mittendrin. Die afrikanischen Glaubensgeschwister sind mir oft sogar vertrauter als so mancher aus meinem Kulturkreis. Gerade die Verbundenheit mit meinem Amtskollegen und Bruder im Geiste Peter Mansaray war wohltuend. Wir wissen uns eins in Jesus Christus. Besonders schön ist, dass wir uns weiter treffen zu Austausch und Gebet. Ein wirklich nachhaltiges Geschenk! Meine Auszeit stand unter der inoffiziellen Überschrift: „Musikalische Reise nach New Orleans“. Dazu gehörten „Lesereisen“ zurück zu Bob Dylans frommen Jahren („Dylan. Gospel“), Abstecher in die Musik des schwarzen Bluessängers Rev. Gary Davis („Say no to the devil“), Erinnerungen an die Anfänge der christlichen Rockmusik mit Larry Norman („Why should the devil have all the good music?“) und mehr. Ich konnte mit Freunden Live-Konzerte besuchen, etwa Bernard Allison oder Big Daddy Wilson im Downtown Bluesclub. Bei den Hamburg Gospel Ambassadors habe ich selber einstimmen können. Voller Überzeugung singen hier ganz unterschiedliche Menschen, einige eher kirchenfern andere immer schon Gemeindeglieder. Unter der mitreißenden Leitung von Folarin Omishade wird der echte Gospel mit seinen afrikanischen Wurzeln begangen, begeisternd, kraftvoll und heilsam. Bei den Chorproben wird gebetet, es gibt frohe Feste, und es geht auf Chor-Reise. All das das schon seit zehn Jahren. Ein grandioser Höhepunkt war das fulminante Chor-Jubiläum! Die Erlöserkirche Borgfelde war bis auf den letzten Platz besetzt. Und der gesungene Glaube sprühte vor Freude. Was für ein Geschenk, für einzelne und für unsere Gesellschaft! Besonders angerührt hat mich der neuere Gospelsong „Our God is awesome“. Da kam mir Gottes tröstlicher Geist ganz nah und hat mich zu Tränen gerührt. Unser Gott ist wirklich großartig, tut Wunder, macht frei, ist heilig! Gottes Geist ist auch sonst zu spüren, wenn die schwarz-weiße „Zebra-Gemeinde“ zum Internati-onal Gospel Service zusammenkommt. Zwar werde ich als blasses Nordlicht nie genauso lostan-zen wie meine schwarzen Geschwister. Aber ich bin trotzdem liebend gern dabei. Auf die Hautfarbe kommt es nicht an. Nur darauf: wir sind eins in Jesus, eins im Gebet, eins in der Liebe Gottes. Die schiere Lautstärke der Lieder war manchmal etwas zu viel des Guten für mich. Trotzdem ist zu spüren, das ist echt. Und ich erfuhr, hier bin ich willkommen, wertgeschätzt eben. Was Rev. Prince Ossai Okeke und ich in einer englisch-deutschen Dialog-Predigt entfaltet haben, ist wahr: „Love never fails“ – „Deine Liebe bleibt“. In 1. Korinther 13 sagt Paulus sinngemäß: Emotionales Christsein vergeht, verkopftes Christentum genauso. Prophetische Rede ist wunderbar, Gott spricht in unser Leben. Auch kritisches Hinterfragen brauchen wir, an der Bibel geschultes Denken. Aber letztlich bleibt davon nichts, am Ende aller Zeit. Nur die Liebe Christi bleibt. Dankbar sehe ich auf meine Sabbatzeit zurück. Der Abstand zum gewohnten Alltag hat mir geholfen loszulassen. Im Vertrauen auf Gottes Wirken geht es in jeden neuen Tag. Pastor Martin Hoerschelmann